Logistik im Omnichannel-Handel 

Die Logistik ist eine tragende Säule des Handels, denn sie entscheidet über die Kundenzufriedenheit, kann Wettbewerbsvorteile schaffen und die Effizienz im Unternehmen steigern. Allerdings steht sie vor wachsenden Herausforderungen: Das steigende Bestellvolumen, das die letzten Jahre durch den boomenden E-Commerce ganz neue Ausmaße erreicht hat, bringt Lager, Versanddienstleister und Innenstädte nahezu an den Rand des Kollapses. Zusätzlich sorgt Omnichannel-Commerce für komplexe Prozesse bei Versand, Lieferung und Retouren und erfordert eine ebenso flexible wie verlässliche IT-Infrastruktur.

Kundenanforderungen: Flexibilität und Simplicity

Die Ansprüche der Konsumenten sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Sie wollen ihre bestellte Ware heute möglichst schnell, oft sogar am gleichen Tag und auf dem gewünschten Weg erhalten und, falls nötig, bequem retournieren. Und zwar im besten Fall kostenlos.

Was einfach klingt, sorgt nicht nur bei den Versanddienstleistern, sondern auch bei Händlern und Herstellern für äußerst komplexe Prozesse. Denn: Zum einen müssen Bestände über sämtliche Verkaufskanäle und Lager stets aktuell gehalten werden, um Überverkäufe zu vermeiden, und der Warenfluss muss flexibel gesteuert werden. Zum anderen müssen Kundenwünsche nach Same-Day-Delivery, dem spontanen Umleiten von Paketen sowie Click & Collect – kurz: flexible Zustelloptionen – realisiert und Lieferverzögerungen verhindert beziehungsweise möglichst schnell kommuniziert werden. All das ist Teil des Versanderlebnisses und entscheidet darüber, wie Kunden die Servicequalität eines Händlers bewerten, wie zufrieden sie sind und ob sie noch einmal im gleichen Shop bestellen.

Paketzustellung Omnichannel @Leika production - stock.adobe.com-1

Kurze Lieferzeiten im Quick Commerce

Quick Commerce definiert sich über sehr schnelle Lieferzeiten. Amazon macht es mal wieder vor: Mit Same-Day-Delivery verspricht der Marktplatzriese die Paketzustellung noch am selben Tag. Der Kunde genießt im Quick Commerce ein komfortbales Onlineshopping-Erlebnis, gepaart mit einem der großen Vorzüge des stationären Handels: die sofortige Produktverfügbarkeit.

Um die schnelle Abwicklung zuverlässig garantieren zu können, beschränken Händler in der Regel das Produktangebot und das Liefergebiet. Zusätzlich gibt es mehrere Bereiche, die im Unternehmen für den Quick Commerce optimiert werden müssen:

  • Flexibles Liefersystem: Um die extrem schnellen Lieferzeiten realisieren zu können, braucht es ein engmaschiges Lagernetz und einen verlässlichen Logistikpartner, der die große Menge an Paketen zügig ausliefern kann. In den Städten können Micro-Hubs Teil der Lösung sein. Das sind kleine Lagerflächen, die von größeren Lieferfahrzeugen aufgefüllt werden und über die sich dann kleinere Fahrzeuge, zum Beispiel E-Bikes, bedienen, um die Pakete an den Endkunden zu liefern. Auch die Filialen sollten als Lager herangezogen werden. Um das beste Versandlager für jeden Auftrag auszumachen, braucht es ein Backendsystem, das Orderrouting ermöglicht.  
  • Lieferkosten: Lagerung und Lieferung wollen bezahlt werden. Da die Warenkörbe im Quick Commerce in der Regel eher klein ausfallen, bedeutet das für Händler einen zusätzlichen Kostendruck. Manch einer reagiert darauf mit höheren Produktpreisen und Lieferkosten.

  • Auftragsabwicklung: Noch bevor es an die Zustellung geht, müssen die Systeme es ermöglichen, dass die eingehenden Bestellungen äußerst schnell bearbeitet und kommissioniert werden. Dafür muss der Onlineshop ohne Brüche mit den nachfolgenden Systemen kommunizieren. Eine Backendplattform unterstützt dabei, solche Prozesse nahtlos abzubilden.

Forderungen nach grüner Logistik und alternativen Zustellkonzepten

Konzepte für die letzte Meile müssen sich nicht nur als effektiv erweisen, sondern auch nachhaltig sein, denn die Logistikbranche gehört zu den größten CO2-Emittenten. Und die Konsumenten fordern zunehmend grüne Lieferketten.

Händler und Hersteller können hier einen eigenen Beitrag leisten und sollten das auch. Bei clever durchdachtem Omnichannel-Netzwerk mit zuverlässigem Backendsystem kann nämlich über ein Auftragsrouting das optimale Versandlager für jede Bestellung identifiziert werden – zum Beispiel das nächstgelegene zum Wohnort des Käufers. So lassen sich Lieferwege deutlich verkürzen und CO2 einsparen. Hierbei dürfte insbesondere in den Städten Ship-from-Store zum Tragen kommen. Auch Pick-up-Stations, über die Click-and-Collect-Bestellungen abgewickelt werden können, oder Micro-Hubs, über die sich kleinere Lieferfahrzeuge wie E-Fahrräder oder E-Roller bedienen, sollten bedacht werden.

Eine weitere Kernaufgabe sollte sein, Ware effizienter zu verpacken und darüber die Fahrzeugauslastung zu optimieren. Eine Studie von DS Smith und Forbes Insights hat gezeigt, dass weltweit mindestens 122 Millionen Tonnen CO2– das entspricht in etwa den jährlichen CO2-Emissionen von Belgien – unnötig ausgestoßen werden, weil zu große Verpackungen genutzt werden und damit unnötig buchstäblich Luft transportiert wird. Laut Studienautoren können Unternehmen, die Leerraum in ihren Kartons reduzieren, nicht nur die Umweltbilanz, sondern auch das Markenerlebnis des Kunden verbessern, seine Zufriedenheit steigern und ihn stärker an das Unternehmen binden.

Zustellarten Logistik Omnichannel @Sengchoy Int - stock.adobe.com

Möglichkeiten der Lageroptimierung

Ship-from-Store

Pick-up-Stations

Micro-Hubs

Retouren vermeiden, Rücksendeprozesse optimieren

Laut Statista lag die geschätzte Anzahl retournierter Pakete in Deutschland 2020 bei 315 Millionen.

Was für den Kunden bequem und für ihn im Onlinehandel inzwischen selbstverständlich ist, bedeutet für Händler und Hersteller einen enormen Organisationsaufwand und hohe Kosten. Laut EHI-Studie „Versand- und Retouren­management im E-Commerce 2019“ belaufen sich die Bearbeitungskosten im Schnitt auf 10 Euro pro Retoure. Die zurückgesendeten Artikel müssen gesichtet, gegebenenfalls aufbereitet, gereinigt und zurück in den Verkauf gebracht oder auch entsorgt werden. Angesichts der Warenvernichtungen und der CO2-Belastung gibt es inzwischen Stimmen in Politik und Wissenschaft, die ein Verbot von Retourenvernichtungen und eine gesetzliche Rücksendegebühr fordern. Dabei können Unternehmen schon sehr viel früher im Kauf- und Versandprozess ansetzen, um Retouren zu vermeiden.

Maßnahmen zur Retourenvermeidung

Schneller Versand

Hohe Produktqualität

Sichere und saubere Verpackung

Erweiterung der Versand- und Rückgabeoptionen

Omnichannel-Services & Verknüpfung zu IT und Logistik

Detaillierte Produktbeschreibung und -darstellung

Unabhängig von Maßnahmen zur Retourenvermeidung sollten Händler den Retourenprozess für ihre Kunden so einfach und bequem wie möglich gestalten, statt zu versuchen, Retouren durch aufwändige Prozesse zu verhindern. Wichtig ist etwa, dass Kunden den Rückgabeort frei wählen können. So muss es möglich sein, ein online bestelltes Produkt auch in der Filiale zurückzugeben (Instore Return).

Das entlastet die Versanddienstleister und bietet darüber hinaus die Möglichkeit, dass sich der Kunde im Geschäft direkt nach einer Alternative umsieht und diese kauft.

Flexibilisierung durch Lager- und Versandoptionen

In der heutigen Handelslandschaft werden nicht nur die Verkaufskanäle immer zahlreicher – Filialen, Webshops, Marktplätze, Social Media und mehr, – sondern auch die Lageroptionen. Zu den gängigsten dürfte nach wie vor das Hauptlager zählen, in dem der gesamte Produktbestand zentral gelagert und für den Versand vorbereitet wird.

Hinzu kommen weitere Lagermöglichkeiten, die die nötige Flexibilität im Omnichannel-Commerce ermöglichen.

Die Filiale: Drehkreuz im Omnichannel-Handel

Der Onlinehandel wächst stetig und ist inzwischen nicht mehr wegzudenken. Klassische stationäre Handelsformate dagegen haben ausgedient. Dennoch: Kunden wünschen sich weiterhin Ladengeschäfte vor Ort – die Vorteile, Produkte anzuprobieren, anzufassen und direkt mitzunehmen, müssen allerdings neu gedacht werden, damit der stationäre Einzelhandel künftig bestehen bleibt.

So müssen sich Geschäfte in den Innenstädten vom reinen lokalen Verkaufspunkt zu einem wertvollen Teil der Customer Journey entwickeln, also gefragte Onlinekanäle ergänzen, denn so liefern sie Konsumenten auch heute noch einen Mehrwert. Und: Das eigene Geschäftsmodell profitiert so von dem oft verteufelten Onlinehandel. Jeder stationäre Händler muss akzeptieren, dass der Onlinehandel bleibt und ihn als Hebel für neue Auftragsstrukturen, mehr Flexibilität und einen verbesserten Kundenservice begreifen.

  • Retailintegration: Über Services wie Click & Collect und Click & Reserve werden Filialen mit dem Onlinehandel verzahnt, dienen als praktische Abholstationen und steigern die Frequenz im Ladengeschäft.

  • Ship-from-Store: Stationäre Geschäfte lassen sich zu wahren Fulfillmentcentern ausbauen, denn auch von hier aus können Bestellungen bearbeitet und versendet werden. Diese Möglichkeit bietet insbesondere Händlern mit einem ausgebauten Ladennetz enormes Potenzial, denn damit lassen sich Lieferwege und -zeiten verkürzen. Geschäfte als Lagerflächen werden also zu zentralen Micro-Hubs, aus denen sich die Zusteller bedienen. Auch für die Realisierung von Same-Day-Delivery bieten Filialen großes Potenzial.

Dezentrale und externe Lager

Ein umfassendes Lagernetzwerk, zu dem auch die Filialen gehören sollten, bietet die Möglichkeit des Georoutings. Das bedeutet, über einen Algorithmus im Omnichannel-Backendsystem kann identifiziert werden, welches Lager am nächsten zum Kunden liegt und für den Versand herangezogen werden. Dadurch lassen sich Lieferwege verkürzen und Zeit und Transportkosten sparen, was sowohl Versender als auch Empfänger freut. Hinzu kommt: Transportwege können so nachhaltiger gestaltet werden.

Händler haben zudem zwei Möglichkeiten, Ware über Partner zu lagern und zu versenden. Zum Beispiel können sie dafür direkt die Hersteller heranziehen und unter ihrem Namen das Paket direkt an den Kunden versenden lassen. Eine andere Option ist Dropshipping, auch bekannt als Streckenhandel, über das sich das eigene Produktangebot mit nur geringen Investitionen vergrößern und das Warenrisiko minimieren lässt. Denn: Der Händler muss nicht alle Artikel, die er in seinem Onlineshop zum Verkauf anbietet, auf Lager haben und umgeht dadurch eine Kapitalbindung. Stattdessen erweitert er sein Angebot über einen Partner, den Dropshipper oder auch Streckenhändler, der über ein entsprechendes Produktportfolio verfügt. Das bedeutet, erst wenn ein Kunde ein Produkt bestellt, erwirbt der Händler es vom Dropshipper und lässt es von diesem direkt an den Kunden liefern. Neben Kosteneinsparungen führt ein solcher Direktversand auch zu einer höheren Versandgeschwindigkeit, was wiederum den Kunden freut.

REMIRA Dropshipping @ibravery - stock.adobe.com

Systemische Prozessanforderungen an die Logistik im Handel

Die im Omnichannel-Commerce nötige Flexibilität in den Lager- und Versandoptionen stellt die IT-Systemlandschaft von Händlern und Herstellern vor enorme Herausforderungen, denn häufig sind Systeme der Bestands-IT nicht auf den Online- beziehungsweise Omnichannel-Commerce ausgelegt.

Harmonisierung von Daten

Ein Headless-System wie die REMIRA Commerce Cloud entkoppelt die gesamte E-Commerce-Welt von den bestehenden Systemen und vereinfacht dadurch die technische Infrastruktur, ohne sie austauschen zu müssen. Es entsteht eine zentrale, flexible Plattform, auf der sämtliche Daten und Prozesse vom Ordermanagement bis zur Logistiksteuerung zusammenfließen und die es ermöglicht, flexibel neue Lager und Services wie Click & Collect zu integrieren. Sämtliche Aufträge aus den Vertriebskanälen werden harmonisiert an die bestehenden Systeme weitergegeben.

Eine Headless-Plattform erlaubt also die zentrale Verwaltung sämtlicher Handels-, Versand-, Lager- und Logistikabläufe.

Bestandsverwaltung und Routing

Gibt es mehrere Lagerstandorte, werden die Koordination und Kommunikation zwischen den einzelnen Lagern und dem übergreifenden bestandsführenden System essenziell. Denn: Zu jedem Zeitpunkt muss eindeutig sein, welche Ware sich in welcher Stückzahl in welchem Lager befindet. Das lässt sich über ein System wie die REMIRA COMMERCE Cloud, das alle Touchpoints verzahnt und eine virtuelle Lagerhaltung ermöglicht, abbilden. So lassen sich Warenbestände zentral und automatisiert steuern und verwalten. Das wiederum bietet die Option, flexibel zu entscheiden, über welchen Vertriebskanal Bestände verkauft werden. Engpässe in Filialen oder Webshops lassen sich dadurch verhindern.

Die REMIRA COMMERCE Cloud kann zum Beispiel auch mit Hilfe eines Algorithmus das optimale Versandlager finden (Orderrouting). Das heißt, für jeden Kundenauftrag kann ein Lager individuell bestimmt werden. Durch Georouting wird zum Beispiel ermittelt, welches Lager dem Kunden am nächsten ist – das minimiert Transportwege und -kosten. Aufträge können zudem gesplittet werden, falls ein Lager nicht alle Artikel vorrätig hat; so kann die Bestellung dennoch schnellstmöglich ausgeliefert werden. Alternativ lassen sich virtuelle Lager bestimmten Verkaufskanälen zuordnen; zum Beispiel kann festgelegt werden, dass Bestellungen aus Marktplätzen nur aus dem Zentrallager bedient werden. Die REMIRA COMMERCE Cloud sorgt zudem für mehr Flexibilität im Retourenprozess, indem sie den ursprünglichen Versandauftrag vom Rückgabeort entkoppelt und den Kunden so ermöglicht, online bestellte Ware in der Filiale zurückzugeben.

Kommunikation mit dem Kunden

Der Auftritt gegenüber dem Kunden bleibt wichtig – auch nach dem Klick auf den „Kaufen“-Button. Daher muss eine konsistente Markenkommunikation sichergestellt sein. So müssen zum Beispiel sämtliche Benachrichtigungen an den Kunden, egal, aus welchem Lager er seine Bestellung erhält und an welchem Punkt der Shopping Journey er sich befindet, aus einem Guss sein.

Die REMIRA COMMERCE Cloud stellt das über sogenannte Triggerpoints sicher, die automatisch die passende E-Mail auslösen. Triggerpoints sind zum Beispiel der Bestelleingang, der Warenversand oder eine Stornierung.